25 Jahre Kirwaboum Velden

Jonas Seitz

Wir laden alle Leserinnen und Leser der VBZ ganz herzlich zu unserer diesjährigen Jubiläumskirwa ein, welche mit der Vogelsuppe am 18. Juli 2024 startet und sich mit dem Kirwaausklang am 22. Juli 2024 verabschiedet. Wir haben großartige Ideen, namenhafte Bands und jede Menge Lust mit euch zu feiern. Also kommt vorbei und bringt Hunger und Durst mit.

1999 – Tamagotchis wurden mehr verhätschelt als das eigene Haustier, am Walkman hörte man die neueste Single „I Want It That Way“ von den Backstreet Boys und um ins Internet zu gelangen, musste man sich noch über ein Modem einwählen – die Welt befand sich mitten im Aufbruch in ein neues Jahrtausend. Doch eine Gemeinschaft bildet sich nicht ausschließlich aus Zukunftsvisionen und fortschreitender Technologie. Eine Gemeinschaft festigt sich auch auf das Berufen gemeinsamer Werte und Traditionen. Für einige Veldener war dies Grund genug, die über Jahrhunderte überlieferten Brauchtümer der Gemeinde in Papierform festzuhalten. So wurde am 29. Mai Anno 1999 von 19 mutigen Burschen der Verein „Kirwaboum Velden“ gegründet. 

„Unsere erste Zeltkirwa 1998 nach Jahrzehnten Wirtshauskirwa war für uns damals ein Riesenerfolg“ berichtet Holger Eberhardt, Gründungsmitglied und ehemaliger erster Vereinsvorstand. „Deshalb brauchten wir für’s Folgejahr etwas Offizielles“, denn Kirwa ist nicht nur Biergenuss in seiner reinsten Form, sondern eine Traditionsveranstaltung, die im Wandel der Zeit aus organisatorischer Sicht sauber geplant und versteuert werden muss. Ob Straßensperrungen für das Aufstellen der Edelfichte, Anmelden einer Gestattung auf Gastbewirtung oder Ansprechpartner für Polizei und Jugendschutz, es gibt jedes Jahr viel zu tun.

Die anfänglichen Jahre des bis Dato jungen Vereins sind überwiegend mündlich überliefert, da es anscheinend eine Zeit ohne Smartphones und Instagram gegeben haben soll. Aber auch zu dieser Zeit wusste man, wie man feiert. Egal, ob zu Besuch auf einer anderen Kirwa oder bei einer Weinfahrt in die malerischen Weinberge Unterfrankens, der Verein hatte schon damals den Zweck, mit Hilfe der geselligen Stimmung die Brücke zwischen Jung und Alt zu schlagen. So wurden aus einfachen privaten Grillabenden ganze Nächte voller Freude und aus einer blauen Telefonzelle eine Legende, wie sie es bis heute nur einmal gegeben hat.

Die Zeit bleibt bekanntlich nicht stehen, weshalb die frisch gebackenen Vereinsgründer nicht auf ein langjähriges Jubiläum warten wollten. Im Jahr 2004 wurde bereits das 5. Gründungsjahr groß gefeiert. Ein Fest, das durch den Auftritt der Spider Murphy Gang vor über 3.000 Besuchern in die Geschichte der Stadt Velden einging.

Spider Murphy Gang beim Vereinsjubiläum 2004 (Foto: Armin Tauber)

Trotz des Spruchs „Oh Kirwa lou nedd nou“ hat für jedes Mitglied das aktive Kirwadasein spätestens mit der eigenen Hochzeit ein Ende. Durch die recht konsequente Nachwuchssuche können unsere ehemaligen aktiven Mitglieder stolz auf eine recht „mannstarke“ Truppe blicken. Nichtsdestotrotz packen die Alten immer noch mit an. „Mir sin halt immer nu Kirwaboum“ heißt es dann meistens. So sind über die Jahre unzählige Erlebnisse quer durch alle Generationen entstanden, über die noch sehr gerne bei der ein oder anderen Radlerhalbe gelacht wird.

Ein Ereignis, das für viele schwer zu verkraften war: 2016 wurde im Zuge von Renovierungsarbeiten das alte Sägewerk oder „die Seech“, wie wir sie nannten, geschlossen, weshalb uns nur noch die Erinnerungen an die wohl schönste Bar im Pegnitztal bleiben. Jeder Abschied bedeutet auch gleichzeitig eine Chance auf einen Neuanfang, weswegen wir unseren Standort 2017 in den Schlosshof verlagerten. Der alte Mulzkeller als Bar hat immerhin einen ähnlichen Charme wie die Seech und war schon Kirwaveranstaltungsort zu Gründungszeiten. Nun, 25 Jahre später, hat endlich die neue Generation die Möglichkeit, ein Fest im Schlosshof zu veranstalten, über dessen Geschichten man sich noch Jahrzehnte später erfreuen kann. Und wir können es kaum erwarten.

Ansonsten beginnt der Kirwaalltag mit dem ganz normalen Wahnsinn. Die Kirwaproben als Mittelpunkt der Brauchtumspflege sind dabei ein wichtiger Teil der Vorbereitung auf das wohl fröhlichste Fest in Velden. Diese finden in der Regel ab Juni bis zur Kirwa jeden Freitag in unterschiedlichen Wirtshäusern statt, um die Vorfreude durch den ganzen Ort zu tragen. Vor dem gemütlichen Teil wird hier die Planung der Kirwa besprochen. Ob Festlegung der Arbeitsdienste oder Überlegungen zum Kirwamotto, es kann jeder seine Meinung kundtun. Nach getaner Arbeit wird dann auch zum ein oder anderen Liedchen angestimmt. Dabei werden mit musikalischer Unterstützung durch die Veldener Stadtmusikanten oder auch a cappella an jeder Probe unsere Kirwalieder wie die „Kettleralm“ oder der „Tannerbamm“ gesungen, bis die Kehle kratzt. Für die jüngeren Burschen eine Möglichkeit, die Lieder, die von den Älteren angesungen werden auswendig zu lernen und im Kopf zu festigen. Um die fränkischen Brauereien zu unterstützen, wird natürlich auch darauf geachtet, dass jeder in den Genuss von ein bis zwei lecker Bierchen kommt. Ist die Stimmung schließlich am Höhepunkt angekommen, wird so lange getanzt, bis die Füße schmerzen.

Sind die Lieder und Tanzschritte bis ins Detail verinnerlicht, muss nur noch der Kirwabaum zum Austanzen bereit sein. Doch was passiert eigentlich hinter den Kulissen, bis es dazu kommt? Als Außenstehender sieht man für gewöhnlich eine Bar mit üppig bestücktem Schnapsbestand, ein gut bestuhltes Bierzelt und einen in Hopfensaft getränkten Schankwagen. Für uns beginnt die Kirwa-Vorbereitung eigentlich schon am letzten Juliwochenende, also direkt nach der Kirwa.

Waren die Bands gut? Wo hatten wir im Ablauf Herausforderungen? Was waren die Eindrücke und Kritiken, die wir während der Kirwa von Gästen und Helfern mit auf den Weg bekommen haben? All das fließt in die Planung für das Folgejahr mit ein. Danach halten wir Rücksprache mit den Bands und mit unseren Lieferanten, um die grobe Richtung für das Folgejahr festzulegen. Nach dem Kirwawinterschlaf geht es für uns ab April/ Mai in die heiße Phase. Die Organisation wird in verschiedene Teilbereiche gegliedert: Bar, Baum und Festzelt (und sonstige Kleinigkeiten wie einen Artikel für die Veldener Bürgerzeitung schreiben).

Team Bar kümmert sich um die Anlage samt gespielter Musik sowie die Festlegung, welche Getränke wir anbieten wollen. Da uns eine gewisse Variation wichtig ist, versuchen wir, ab und zu Spezial-Getränke zu kreieren. Ist die Planung abgeschlossen, wird eingekauft und vorbereitet, was das Zeug hält, denn an der Kirwa kann es in der Bar bei so vielen durstigen Gästen auch sehr schnell sehr stressig werden.

Eine Kirwa ohne Kirwabaum wäre wie ein Regenbogen ohne Farben, weswegen wir auch hier im Vorfeld viele Durchsprachen tätigen müssen: Wo können wir den Baum holen? Sind die Zugpferde bei bester Gesundheit? Und vor allem – sind alle Schwalben einsatzbereit? Weiterhin arbeiten wir in diesem Umfeld eng mit der Stadt zusammen, um Straßen und Parkplätze zu sperren und den Baumständer am Festplatz vorzubereiten. Gerade beim Baumaufstellen können lebensgefährliche Situationen entstehen, weshalb hier äußerste Vorsicht und genauste Planung wichtige Voraussetzungen für einen reibungslosen Ablauf sind.

Baumaufstellen "Hutkirwa" 2007 (Foto: Thomas Begert)

Die Arbeitsgruppe Festzelt beschäftigt sich mit dem gesamten Außenbereich, also dem Aufbau des Festzelts samt Zeltboden, der Organisation von Essen und Getränken, die Vorbereitungen für die Bands und auch die für den Jugendschutz wichtigen Eingangskontrollen, und ist somit am umfangreichsten für unser Festwochenende.

Dem passionierten Kirwagänger wird bestimmt aufgefallen sein, dass wir jeden Tag etwas anders gestalten. Freitags liegt der Fokus mehr auf Barbetrieb im AVP-Style für die jüngeren Leute, samstags soll die Sause quer durch alle Altersgruppen im Zelt stattfinden und am Sonntag möchten wir bei Kaffee und Kuchen all jene zum Feiern einladen, die nicht mehr bis 2 Uhr nachts feiern wollen.

Dementsprechend wird auch hier beim Essen variiert, wobei wir euch in diesem Jubiläumsjahr zusätzlich noch mit selbstgemachtem Brotkuchen aus dem Veldener Backofen erfreuen wollen. Ich könnte noch seitenweise ins Detail gehen, mit was für kniefieseligen Herausforderungen man bei der Organisation konfrontiert wird, aber ich glaube, ihr versteht: Kirwa ist verdammt viel Arbeit.

Und sind all diese Punkte abgehakt, alle Lieder verinnerlicht, alle Tänze einstudiert, ist es an der Zeit, den Baum bis zum erlösenden Klingeln des Weckers auszutanzen, um ein neues Oberkirwapaar zu küren. Ist doch gar nicht so kompliziert, oder? Denn viele der VBZ-Leser werden unseren Verein nur über die Kirwa kennen und sich fragen, ob es für die jährliche Durchführung der Kirwa wirklich die Gründung eines Vereins gebraucht hätte.

Doch neben der für die Öffentlichkeit nicht sichtbare Planung unserer Kirwa soll an dieser Stelle erwähnt werden, dass wir als Verein viel mehr sind. Der Verein Kirwaboum Velden e.V. ist für uns ein Ort der Zusammenkunft. Ein Ort der Geselligkeit. Einfach ein Ort, an dem man sein kann, wer man ist. Egal, ob es eine Weinfahrt nach Abtswind oder ein Weißwurstseminar im Bayerischen Wald ist. Wir wollen, dass unsere Mitglieder die Chance haben, die Kultur in Bayern und Franken zu erleben. Wir wollen unsere Kirwa durch die traditionellen Gesänge und Tänze, die es seit Jahrhunderten gibt, weiter in Velden festigen. Denn das, was wir machen, ist nicht nur „irgendeine“ Kultur, sondern „unsere“ Kultur. Eine Kultur, in der die jungen Leute den alten Mitgliedern zeigen wollen, dass sie es besser können. Und eine ältere Generation, die sieht, dass ihr Verein, dem sie seit Jahrzehnten die Treue halten, immer noch ein schützenswertes Kulturgut ist.

"Veldener Kirwaleut 2023" (Foto: Christian Pipiora)

Wir machen die Kirwa nicht nur für den Verein. Wir machen die Kirwa für alle Mitbürgerinnen und Mitbürger zum Erhalt der fränkischen Tradition in Velden. Deswegen möchte ich mich an dieser Stelle im Namen der Kirwaboum Velden e.V. Vorstandschaft bei all unseren Helfern und Mitgliedern bedanken. Ihr seid diejenigen, die sich seit Jahrzehnten durch ein ehrenamtliches Engagement auszeichnen, damit unsere Kirwa jedes Jahr aufs Neue ein Erfolg ist. Vielen Dank und auf weitere großartige 25 Jahre.

P.S.: Alle Infos zum Ablauf und Ticketkauf gibt es auf unserer Homepage www.kirwaboum.de