Die Pegnitz in Velden
Von Hochwassern und Proben, Kindheitserinnerungen und Klimawandel
"Ihr trägen Goldbächlein/ ihr hellen Glasquellen/ ihr schwällende Wellen/ ihr Silberflut-Zellen/ ihr Pegnitz-Najade / in sumpflichten Pfaden!" So dichtete der Nürnberger Barock-Poet Georg Philipp Harsdörffer im Pegnesisches Schäfergedicht über seinen Fluss, die Pegnitz - wobei die Najaden die Göttinnen sind, die in ihren Wassern leben. Über 128 Kilometer ist sie lang und fließt nach etwa 113 Kilometern in Fürth mit der Rednitz zusammen, um sich zur Regnitz zu vereinen.
Der Name der Bengertz oder Bengatz, wie man in Franken sagt, geht zurück auf den Begriff Paginza aus dem Indogermanischen, der mit dem Wort bhog für fließendes Wasser verwandt ist. Im Jahre 1119 bei der ersten urkundlichen Erwähnung der Stadt Pegnitz ist sie als Begenze aufgeführt und 1196 findet man sie unter dem Namen Begnitz. 1329 ist der schöne Ort dann mit seinem heutigen Namen verzeichnet. Und eben dort entspringt der namensgleiche Fluss Pegnitz. Man kann ihren Startpunkt am Osthang des Schlossbergs besichtigen und erleben. Dort befindet sich in 425 m Höhe die Karstquelle, die Mutter des Flusses. Sie speist ihn allerdings nicht. Das meiste Wasser kommt aus dem Lindenhardter Forst. Es handelt sich um den etwa 15 Kilometer langen linken Zufluss Fichtenohe, die im Stadtgebiet in den kurzen Bach aus der Pegnitzquelle mündet.
Idyllisch: die Pegnitz in Velden (Foto: Sonja Weber)
Eine Spezialität ist die Bachkreuzung in einem kleinen Park in Pegnitz, dem Wiesweiher. Dort unterquert der künstlich angelegte linke Arm der Fichtenohe, der Mühlbach, die geradeaus fließende Pegnitz, also seinen früheren rechten Arm, und fließt weiter zum Wasserberg. Weiter strömt die grün-braune Schönheit nach Süden, der Weg führt über Neuhaus und Velden durch den Naturpark Fränkische Schweiz, Veldensteiner Forst und die Hersbrucker Schweiz. Es folgen Hersbruck und dann in westlicher Richtung Lauf, Nürnberg sowie Fürth. Nördlich der Fürther Innenstadt trifft sie auf 283 Metern Höhe die Rednitz und wird zur Regnitz. Das Flussdreieck wird im Volksmund Spitz genannt. Was Pegnitz und was Rednitz rauscht, das hab ich heimlich still erlauscht. Und hoffe, dass mein Sang von Fürth an manche treuen Seelen rührt, die Lieb zur Vaterstadt entfacht, wie sie in meinem Herzen wacht! So beschrieb der leidenschaftliche Fürther Lokalpatriot Alfred Nathan jenes Fleckchen Erde. Das Regnitz-Wasser wiederum landet bei Bischberg nordwestlich von Bamberg im Main, um dann in Mainz dem Rhein zuzufließen und letztlich in der Nordsee aufzugehen. Ja, wir haben es mit einem eigenwilligen Gewässer zu tun, ganz wie die fränkischen Anwohner.
Dichter Walter Tausendpfund schrieb gar
"Die Pegnitz ist ganz schön blöd", womit er sie aber keineswegs beschimpfen, sondern wohl auf fränkisch-zurückhaltende, spröde Art loben wollte. "Und zwar wegen ihrem Fleiß. Würde sie am schmalen Gebirge bei Hohenstadt nicht mit Vollschwung scharf rechts abbiegen, könnte sie sich die ganze Plackerei sparen."
Eine Anwohnerin blickt zurück
Und Velden? Malerische Orte wie das Wehr und das ehemalige Pflegschloss am Pegnitzufer kennen wohl alle. Eine Person, die noch mehr weiß, weil sie schon immer an und mit dem Fluss lebt, ist Beate Hartmann. Sie besitzt die kleine Mühle mit dem Wasserrad, in der einst klassisch Mehl gemahlen wurde und heute Ökostrom mit der Wasserkraft erzeugt wird. "Ich bin hier geboren und liebe diesen Ort", erzählt Beate Hartmann. "Heute wohne ich in einem Haus, das direkt gegenüber von meinem Elternhaus liegt."
Die Erinnerungen der Veldenerin, die Jahrgang 1966 ist, umfassen diverse Hochwasser-Situationen. "Ja, klar waren wir ab und zu betroffen. Auf den Wasserstand geachtet haben wir immer. Besonders stark war das Hochwasser von 1970, mir ist im Kopf geblieben, dass ich meine Spielente dabei verloren habe." Ganz normal ist es, keinen Keller zu haben. Möbel wurden so ausgewählt, dass man sie schnell abbauen und ein Stockwerk höher tragen konnte. An diese Regel hält sie sich noch heute. Anderes dagegen hat sich verändert. "Mein Vater sagte früher immer: 'Wenn das Wasser in Michelfeld ist, dann haben wir es in 24 Stunden auch bei uns in Velden.' Das war mal, heute geht das schneller," so Beate Hartmann.
NIcht mehr idyllisch: Hochwasser am 24.12.2023 (Foto: Beate Hartmann)
Den Klimawandel kann sie live vor der eigenen Türe beobachten. Ihr fällt auf, dass heute deutlich weniger Wasser in der Pegnitz fließt, dass der Stand niedriger ist, dafür aber die Fluten schneller kommen. Die zunehmende Trockenheit macht sich bemerkbar. Wie aber schützt man sich in so einer gefährdeten Wohnlage? "Früher hat man einfach die Augen offen gehalten und im Falle eines Falles hat uns die Gemeinde angerufen. Heute geht dank der modernen Technik vieles online und ich habe eine App auf dem Handy, die mich warnt", erläutert Beate Hartmann. Früher gab es keine Sandsäcke, die Velden inzwischen angeschafft hat. Droht Hochwasser oder ist ein bestimmter Pegel-Stand überschritten, wird die "Schütz" betätigt, dies sind Schützenplatten zur Regulierung des Durchlaufs. Sie befindet sich bei den Eckart-Werken und wurde früher noch mechanisch geöffnet, heute natürlich elektrisch. "Ich achte als Anwohnerin auf Querverbauungen im Fluss, also zum Beispiel auf Baumstämme, die das Wasser stauen könnten. Wenn ich viele Holzteile sehe, melde ich es dem Flussmeister beim Wasserwirtschaftsamt", beschreibt Beate Hartmann.
Glücklicherweise gibt es die Wiesen bei Hammerschrott/Neuhaus, die wie natürliche Polder wirken. Hier kann die Pegnitz bei Hochwasser aus ihrem Flussbett austreten und die Flächen überfluten. Das bringt für Velden, das an der Engstelle des Pegnitztales liegt, eine große Entlastung. Sind die Polder allerdings voll, können bei ungünstigen Wetterverhältnissen Hochwasser für Velden gefährlich werden.
Die Wassermenge hängt dabei von vielen Faktoren ab, von der Schneeschmelze, dem Regen und anderen Einflüssen. Die Hochwasser-Marken in der Veldener Kirche legen Zeugnis davon ab. Womit man wieder beim Klimawandel landet, denn der führt zu weniger Niederschlägen, dafür aber stärkeren. Heftige Gewitter lassen Flüsse rasch groß anschwellen.
Zustand: verbesserungswürdig, Fische: genießbar
Interessant ist natürlich auch die Wasserqualität. Das zuständige Wasserwirtschaftsamt in Nürnberg vermeldet leider nichts Positives: Die Gewässergüte variiert über den Verlauf hinweg, der ökologische Zustand der Pegnitz im Nürnberger Land wird insgesamt jedoch als mäßig bis unbefriedigend eingestuft, der chemische Zustand gilt als nicht gut. Sowohl bayernweit als auch in der Region bewegt sich die Pegnitz damit im Mittelfeld.
Konkret sind als Parameter für die Bewertung die Stoffe Quecksilber und 6-BDE ausschlaggebend. Während Quecksilber allseits bekannt ist, auch seine Giftigkeit für den Menschen, ist das bei 6-BDE weniger der Fall. Es handelt sich um Bromierte Diphenylether, die als Flammschutzmittel in Kunststoffen eingesetzt werden. Man findet sie in Gehäusen von Elektrogeräten, also in Computer-Monitoren oder Fernsehern, aber auch in Textilien und Bodenbelägen. Der Stoff reichert sich in der Nahrungskette an, wird äußerst langsam abgebaut und kann auch im menschlichen Körper nachgewiesen werden. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA kam 2024 zu dem Schluss, dass es möglicherweise Anlass zu Gesundheitsbedenken gibt. Die Auswirkungen betreffen das Fortpflanzungs- und Nervensystem, ganz sicher ist sich die Wissenschaft aber noch nicht über die Risiken. Teilweise wurde die Nutzung in der EU inzwischen verboten beziehungsweise eingeschränkt. Für die Pegnitz gilt: Im Abschnitt Veldensteiner Forst bis Lauf stehen Quecksilber und 6-BDE im Fokus. Von Lauf bis Nürnberg ist zusätzlich PFOS ein Thema. Diese synthetische Chemikalie macht Produkte fett- und wasserabweisend, steht aber im Verdacht, krebserregend zu sein. PFOS stammt im Nürnberger Land hauptsächlich aus der galvanischen Industrie. Dort wurde es bis 2012 eingesetzt und ist inzwischen ebenfalls verboten.
Doch zum Glück haben die Behörden ein Auge darauf: Alle drei fraglichen Substanzen werden nach der Oberflächengewässerverordnung (OGewV) im Fisch untersucht. Ab einer Überschreitung der halben Umweltqualitätsnorm (OGewV) werden in der Regel alle sechs Jahre Fisch und Muschel-Proben untersucht. Wasserproben werden alle drei Jahre von den Experten analysiert. Verantwortlich für die Tests sind das Wasserwirtschaftsamt Nürnberg und das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU).
Beide betonen, dass es sich nicht um ein spezifisches Problem der Pegnitz handelt. Bei Quecksilber und Bromierten Diphenylethern werden die Umweltqualitätsnormen bundesweit und auch in Bayern in keinem Gewässer eingehalten. Fachleute sprechen hier von ubiquitär, das bedeutet, dass die Stoffe längst allgegenwärtig sind, also bereits weltweit verbreitet. Überhaupt wird entlang der Pegnitz eine Vielzahl von Untersuchungen durchgeführt. Gecheckt werden insgesamt über 100 chemische Parameter von Schwermetallen über LHKW bis hin zu Pestiziden. Für den ökologischen Zustand dienen biologische Organismen wie Insektenlarven, Pflanzen und Algen als Indikatoren. Kontinuierlich werden die Daten wie Wasserstand und Abfluss an den einzelnen Pegeln gemessen. Je nach Untersuchungsprogramm variieren die Abläufe und Intervalle. Zusätzlich zu den staatlichen Kontrollen müssen Betriebe, die etwas einleiten, selbst im Rahmen ihrer wasserrechtlichen Genehmigungen Untersuchungen durchführen und alles dokumentieren. Diese Programme werden an den Einzelfall angepasst und umfassen etwa bei Kühlwassereinleitungen die Temperaturbeobachtung. So ist dafür gesorgt, dass man sich derzeit Bachforelle, Karpfen, Flussbarsch, Hecht und Äsche bedenkenlos schmecken lassen kann, wie die Zuständigen versichern. Und die Fischerei-Vereine wachen über das Wohl der Flussbewohner.
Wer sich genauer dafür interessiert, ob als Fischer oder als Schwimmer, kann auf die Messergebnisse über den gewässerkundlichen Dienst Bayern im Internet zugreifen unter: Gewässerkundlicher Dienst Bayern
Dort finden sich sowohl die biologischen und chemischen Untersuchungsergebnisse als auch längerfristige Zeitreihen. Ergänzend ist abrufbar, was in Schwebstoffen und Fischen gefunden wurde.