Windenergie made in Velden

Claudia Schuller

In Viehhofen, nahe Münzinghof, ist eine Windkraftanlage geplant.

Windkraftanlagen haben viele Vorteile, zum Beispiel Umweltfreundlichkeit, geringe Betriebskosten und eine verbesserte Energiesicherheit, weil sie eine unerschöpfliche Quelle nutzen. Sie verursachen während des Betriebs keine Schadstoffemissionen und können auch nachts Strom erzeugen, was sie zu einem wichtigen Bestandteil der Energiewende macht. Zudem schaffen sie Arbeitsplätze und können wirtschaftliche Vorteile für Gemeinden bringen. Die Nachteile dagegen sind sehr überschaubar.

Warum also sollte nicht auch Velden von der aktuellen Technik profitieren und sich zukunftssicher aufstellen? Genau das dachte man sich auch im Rathaus.

Windkraftanlage bei Münzinghof

Karte mit Lageplan bei Viehhofen und Münzinghof

Aus dem Teilfortschreibungsentwurf zum Regionalplan Kapitel "Windkraft"

So soll nun im Ortsteil Viehhofen, unweit von Münzinghof, eine Windkraftanlage entstehen. Der genaue Standort ist noch unklar, aber was bereits feststeht ist, dass es wahrscheinlich drei Räder werden sollen. Die Maße sind stattlich: 260 Meter Gesamthöhe, wenn der Rotor nach oben zeigt, Nabenhöhe etwa 170 Meter, also vom Mittelpunkt des Rotors aus gemessen. Seit Januar 2025 laufen bereits die Genehmigungsverfahren, zum Jahresende sollen sie abgeschlossen werden. Dann ergeben sich auch der perfekte Platz sowie die genaue Anzahl. 

Dabei gilt es etliches zu beachten, vom Schall- und Umweltschutz über die Bodenbeschaffenheit bis zum Schattenwurf sowie Artenschutz. Hier hat sich Bürgermeister Herbert Seitz kundig gemacht und kann beruhigen: „Die Forschung besagt, dass keine Schäden entstehen. Dazu muss man wissen, dass die Rotorblätter gut 80 Meter über dem Boden enden, die Tiere dort unten also nicht tangieren. Und die Vögel fliegen einfach darüber hinweg“, fasst der Rathauschef zusammen. Zudem müssen direkte Eingriffe in die Landschaft ohnehin kompensiert werden, etwa durch andere naturbelassene Flächen, das ist gesetzlich vorgeschrieben. Eine Idee besteht darin, die Fläche unterhalb der Gärtnerei als Struktur zur Wasserverteilung zu nutzen und dort auch Bäume zu pflanzen.

Alle können Miteigentümer werden

Das Spannende: In Velden läuft sie glatt, die viel diskutierte Energiewende. Fast alle sind mit im Boot. „Es gibt schon auch Fragen, klar. Aber insgesamt erlebe ich nur sehr wenige Skeptiker und sehr viele positive Rückmeldungen“, resümiert Seitz. Was ist das Geheimnis dahinter? Weshalb kommt es in Franken nicht wie andernorts zu Streit, Protesten, Verzögerungen? Das Rezept: Die Gemeinde informierte die Bürger schon früh und transparent, was ansteht. Sie veranstaltete einen Infoabend, an dem der beauftragte Projektpartner Dornauer, eine Firma aus Neustadt an der Aisch, das Vorhaben erläuterte und visualisierte. „Das lief gut und konnte manche Unsicherheiten klären“, erinnert sich Seitz. Die Besitzer der fraglichen Grundstücke hatten die Möglichkeit, es sich zu überlegen und wussten gut Bescheid. Sie erhalten Pacht, profitieren also. Das Ergebnis: 80 bis 90 Prozent der Eigentümer machen mit, ein so genanntes Flächenmodell. Aber sie sind nicht die einzigen, denen Gelder winken. Alle können Miteigentümer werden und in die Windkraft vor Ort investieren. Velden will nämlich eine Gesellschaft dafür gründen, die Gewinne an die Teilhaber ausschüttet. Ein Projekt in Bürgerhand. Zudem eines, das der Umwelt gut tut. Kein Wunder, dass dieses Argument viele überzeugte. „Und die Gewerbesteuer bleibt auch hier bei uns“, freut sich Seitz. „Dadurch, dass wir die Energieversorgung in die eigene Hand nehmen, halten wir Großinvestoren draußen, die nur selbst verdienen wollen und ihre Steuern woanders abführen. Bei uns gewinnen Bürger und Gemeinde“. Tatsächlich erreichten ihn etliche Anfragen großer Firmen, die die Bürger ausgeschlossen hätten. Velden lehnte ab und ging eigene Wege, zusammen mit dem Projektierer Dornauer Windkraft UG, der genau auf Bürgerwindanlagen, die Anwohner und Grundstückseigentümer vorrangig beteiligen, spezialisiert ist.

Regionalplan

Doch warum sind eigentlich überhaupt Windräder nötig, wie kam es zu den Überlegungen? Dazu muss man wissen: Der Regionalplan, ein Gesetz, das für ganz Deutschland gilt, schreibt vor, dass jede Planungsregion gewisse Vorgaben erfüllen muss, was die Nutzung von Windkraft betrifft. Konkret: Bis Ende 2027 muss 1,1 Prozent der Fläche in Bayern als Windkraft-Gebiet ausgewiesen sein. Die Gemeinden wurden beizeiten darauf hingewiesen, Velden gab das rasch an die Bürger weiter. So begann etwas Neues, das eine Erfolgsgeschichte werden kann.

Ein Automatismus ist es natürlich nicht, aber eine Chance. Wichtig ist besonders, was die Menschen darüber denken, die in unmittelbarer Nachbarschaft leben. Die Dorfgemeinschaft Münzinghof wäre insofern am stärksten betroffen, weil das letzte Haus nur etwa 650 bis 700 Meter vom Windrad entfernt stünde. „Das finden wir etwas zu nah. Unser Ziel ist eine Entfernung von rund 800 Metern“, sagt Tobias Wilhelmi, aktiv im Bereich Landwirtschaft in Münzinghof, der sich mit dem Thema eingehend befasst hat. Gleichzeitig betont er: „Wir sind umweltbewusst und offen, daher begrüßen wir die Windräder prinzipiell“. Ökologie und Energieversorgung vor Ort unter einen Hut zu bringen, sei wichtig. Erfahrungen liegen vor, und zwar positive, denn Münzinghof erzeugt seinen Strom schon länger erfolgreich selbst. Stolz darf es sich „Bio-Energiedorf“ nennen und verfügt über ein Blockheizkraftwerk, das mit Hackschnitzeln betrieben wird, zwei Stückholzheizungen, Solarthermie, Photovoltaik und ein ausgeklügeltes Nahwärmenetz. Dafür wurde dem kleinen Ort sogar der Bayerische Umweltpreis 2014 verliehen. „Unsere PV-Solarmodule erzeugen etwa 100.000 Kilowatt Strom im Jahr. Rund 85.000 Kilowatt nutzen wir selbst, der Rest wird eingespeist. Dazu kommt noch die Leistung des Blockheizkraftwerks mit 200.000 Kilowatt, das lohnt sich“, rechnet Wilhelmi vor. So ist Münzinghof autark und muss sich keine Gedanken um russische Energiepolitik oder erschöpfte Öl- und Gasvorkommen machen.

100 Meter verschieben

Was zum perfekten Glück noch fehlt, ist die Verschiebung des Windrades um ein paar Meter. Hier laufen bereit die Gespräche und Prüfungen, um es 100 bis 150 Meter weiter weg aufzustellen. Seitz unterstützt das Anliegen, so dass es auch in diesem Punkt harmonisch zugeht. Was dann noch zu tun bleibt: Die Leitung müsste bis nach Hartenstein gebaut und dort ein Umspannwerk installiert werden, was auch der Wirtschaft zu Gute käme. Das nennt man Win-Win-Situation.

Weitere Informationen

Der Regionalplan für die Region Nürnberg, der u. A. auch das Nürnberger Land umfasst, ist im Internet veröffentlicht unter https://www.nuernberg.de/internet/pim/aktuellefortschreibungen.html